Digitale Medien in der Kita?

14. November 2017 / Comments (0)

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Was benötigen Kita-Kinder, um Medienkompetenz zu entwickeln? Ist der Einsatz digitaler Medien in Kindertagesstätten sinnvoll? Die Meinungen dazu gehen auseinander.

Befürworterinnen und Befürworter sagen:

So ist die Lebenswirklichkeit der Kinder

Digitale Medien (also zum Beispiel: Computer, Smartphones, Tablets, Spielekonsolen, E-Books) gehören inzwischen ganz selbstverständlich zur Lebenswelt der Kinder. In manchen Familien kommen digitale Medien in begrenztem Umfang und sehr reflektiert zum Einsatz, andere Familien sind quasi ständig „online“. In beiden Fällen gehören diese Medien zum Alltag der Mädchen und Jungen. Für alle Einrichtungen, die nach dem Situationsansatz bzw. lebensweltorientiert arbeiten, sei es angezeigt, das Thema aufzugreifen.

In Begleitung verantwortliche Mediennutzung lernen

Kinder seien, das habe die Forschung gezeigt, keine „digital natives“ wie so oft behauptet werde. Auch sie benötigen Einführung und Begleitung, um digitale Medien verantwortungsbewusst nutzen zu können, schreiben Monika Ullmann, Vorstand Montessori Landesverband Bayern e.V., sowie Kita-Trainerin und -Coach Marion Lepold in ihrem Leitfaden „Digitale Medien richtig einsetzen und verstehen“. Kinder, die digital kompetent sind, seien besser geschützt gegen die Risiken, die der Umgang damit birgt. Nicht umsonst formulieren die Kita-Bildungspläne fast aller Bundesländer es als Bildungsziel, digitale Medien zweckbestimmt und kreativ nutzen zu können, um damit eigene Werke zu erstellen. Es sei „eine pädagogische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Kinder insbesondere digitale Medien nicht nur als bloße Reizquelle entdecken und nutzen. Medien sollten als Vermittler von Botschaften und als kreative Aktionsfelder ihren Ausdruck im kindlichen Tun und Erleben finden dürfen. Diesen Transfer – der die Basis für die eigentliche Medienkompetenzentwicklung darstellt – müssen wir fachlich ermöglichen und begleiten“, schreiben Ullmann und Lepold.

Kreativ sein und Spaß haben

Stefan Aufenanger, Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der Universität in Mainz, schreibt in seinem Pro-Statement zum Thema „Tablets im Kindergarten?“ in der Zeitschrift DJI Impulse, Ausgabe 3/2017: „Wenn digitale Medien bei Schülerinnen und Schülern Lernprozesse unterstützen können, warum soll das bei Kindergartenkindern anders sein? (…) Nicht zuletzt bieten digitale Medien und insbesondere Tablets für Kinder vielfältige Möglichkeiten des kreativen Gestaltens mit den Foto-, Video- und Audiofunktionen. Darüber hinaus gibt es (…) sogenannte Apps, mit denen die Kinder etwas lernen – oder einfach nur Spaß haben können.“

Kritikerinnen und Kritiker sagen:

Digitale Medien sind unsinnlich und reduzieren Komplexität

Carola Kammerlander, Geschäftsführerin des VFUKS-Kita-Trägers Konzept-e, nimmt in der Zeitschrift kinderleicht!? zum Thema Stellung und bezieht sich dabei auf Paula Bleckmann, Professorin für Medienpädagogik an der Alanus Hochschule in Alfter. Kammerlander erklärt, dass in der frühen Kindheit das sinnliche Erleben Vorrang habe. „Denn zunächst müssen Kinder lernen, die Informationen, die sie durch ihr Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Tasten erhalten, zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzufügen. Je vielfältiger die Sinneserfahrungen sind, die sie machen, desto besser gelingt das. Digitale Medien sind in diesem Zusammenhang eher kontraproduktiv. Sie reduzieren sinnliche Vielfalt und Komplexität. Wer das Wischen auf einem Tablet mit dem Umblättern einer Buchseite oder das Erstellen einer Papier-Collage mit einer Bildmontage am Computer vergleicht, merkt den Unterschied.“ Insofern sei es kein Widerspruch zu sagen, dass kleine Kinder Medienkompetenz erwerben, indem sie diese Medien meiden.

Intellektuelles Lernen gehört nicht in die Kita

Gabriele Pohl, Leiterin des Kaspar Hauser Institut für heilende Pädagogik, Kunst und Psychotherapie, sagte auf dem Zukunftskongress für Bildung und Betreuung „Invest in Future“ im September 2017 in Stuttgart: „Intellektuelles Lernen hat in der Kita nichts verloren – auch nicht am Computer. Wir als Pädagoginnen und Pädagogen müssen uns dafür stark machen, dass Kinder Kinder sein dürfen. Nur indem sie analoge Alternativen kennen, werden sie einer zunehmend digitalen Welt gewachsen sein.“

Nutzung kann für unter Sechsjährige schädlich sein

Gerald Lembke, Professor für Digitale Medien und Medienmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg schreibt in seinem Contra-Statement zur Frage „Tablets im Kindergarten?“ in DJI Impulse: „Ein Nutzen digitaler Medien und mobiler Endgeräte für die Förderung von unter Sechsjährigen ist bislang nicht erwiesen – und dies wird wahrscheinlich auch in Zukunft nicht geschehen. (…) Stattdessen ist belegt, dass die Nutzung insbesondere für Kinder unter sechs Jahren schädlich sein kann.“

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