Kinder brauchen hohe Kita-Qualität

16. Januar 2018 / Comments (0)

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Aktuelle DIW-Studien zeigen: Kinder mit nichtdeutscher Familiensprache sind häufig mit überdurchschnittlich vielen anderen solchen Kindern in einer Kita. Das erschwert den deutschen Spracherwerb. Eine weitere Studie ergab, dass eine hohe Kita-Qualität das soziale Verhalten von Kindern positiv beeinflusst. Bei Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien ist der Effekt am stärksten.

Immer mehr Kinder in Deutschland besuchen eine Kindertageseinrichtung – im Jahr 2016 waren es fast 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren und rund 94 Prozent aller Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Die Qualität der Kitas und die Zusammensetzung der Kita-Gruppen spielen eine bedeutende Rolle für die Entwicklung des Verhaltens und der Sprachkompetenzen der Kinder. Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt aber, dass Kinder, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, häufig eine Kita besuchen, in der das auch auf viele andere Kinder zutrifft.

Oft 50 Prozent Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache

So besuchten im Jahr 2016 über 45 Prozent der Kinder mit deutscher Familiensprache eine Kita, in der weniger als zehn Prozent der Kinder zu Hause eine andere Sprache hören und sprechen. Rund ein Drittel der Kinder mit nichtdeutscher Familiensprache dagegen sind in einer Kita, in der über 50 Prozent der Kinder in einer ähnlichen Situation sind. Das geht aus der Analyse eines umfassenden Datensatzes aus Westdeutschland (inklusive Berlin) für die Jahre 2007 bis 2016 hervor. Die ostdeutschen Bundesländer wurden ausgelassen, weil der niedrige Anteil an Kindern mit fremder Familiensprache in Kitas (rund vier Prozent) dort keine zuverlässigen Rückschlüsse erlaubt.

„Für die Integration und den Spracherwerb nicht förderlich“

„Für Kinder, die zu Hause eine andere Sprache hören und sprechen als Deutsch, ist die Interaktion mit deutschsprachigen Kindern in der Kita von herausragender Bedeutung“, so Studienautorin Ludovica Gambaro. „Leider stellen wir fest, dass in Deutschland eine gewisse Segregation herrscht: Diese Kinder finden sich oft in Kitas wieder, in denen die meisten anderen Kinder auch eher eine andere Familiensprache haben als Deutsch. Das kann im Hinblick auf den Erwerb der deutschen Sprache und auf die Integration in die Gesellschaft nicht sehr förderlich sein.“

„Politik müsste andere Anreize setzen“

Die Konzentration von Kindern mit nichtdeutscher Familiensprache in deutschen Kitas ist in den letzten zehn Jahren beinahe konstant geblieben. Die Politik kann aber die Zusammensetzung der Kitagruppen durch gezielte Maßnahmen und Regelungen beeinflussen. „Nicht besonders hilfreich sind Regelungen, die Kitas finanzielle Anreize ab einem Mindestanteil von Kindern mit fremder Familiensprache setzen: Das kann einige Kitas dazu motivieren, diesen Anteil zu erreichen, und damit könnte es eher die Segregation fördern“, so Gambaro. „Besser geeignet zur Durchmischung ist eine zielgerichtete finanzielle Förderung für jedes einzelne Kind, das zu Hause mit einer anderen Sprache aufwächst.“       

Zusammenhang zwischen Kita-Qualität und prosozialem Verhalten der Kinder

Neben der Zusammensetzung der Gruppen sind auch andere Merkmale der Kita-Qualität wichtig für die Entwicklung der Kinder. Georg Camehl und Frauke Peter untersuchten in einer weiteren DIW-Studie den Zusammenhang zwischen der Qualität der Einrichtungen und dem prosozialen Verhalten der Kinder. Die Qualität der Einrichtungen bewerten sie anhand folgende Indikatoren: Gruppengröße, Personalschlüssel, Schulabschluss der Erzieherinnen und Erzieher, verfügbares Spiel- und Lernmaterial sowie Anzahl der Gruppenaktivitäten. Prosoziales Verhalten beschreibt, wie rücksichtsvoll Kinder miteinander umgehen, mit anderen teilen oder lieb zu jüngeren Kindern sind.

Positive Effekte für benachteiligte Kinder besonders stark

Die Analyse der Daten von Vier- und Fünfjährigen aus fast 200 Kitas zeigt, dass die Kita-Qualität in positivem Zusammenhang mit dem prosozialen Verhalten der Kinder steht. Insbesondere die Verfügbarkeit von Spiel- und Lernmaterial und die in der Gruppe unternommenen Aktivitäten fördern prosoziales Verhalten, so ein wichtiges Ergebnis. Die positiven Effekte wirkten sich besonders bei Kinder aus benachteiligten Haushalten aus – gemessen am Haushaltseinkommen und am Bildungsstand der Mutter.

„Kita-Qualitätsstandards definieren“

„Wir haben erneut gezeigt, wie wichtig die Qualität der Kitas für die frühkindliche Entwicklung ist. Kitas mit einer hohen Qualität können zudem herkunftsbedingte Unterschiede teilweise ausgleichen“, so Autor Georg Camehl. „Zum Glück ist in Deutschland die öffentliche und politische Debatte um Kitas nach vielen Jahren, in denen primär über Quantität diskutiert wurde, nun endlich auch auf die Qualität fokussiert“, so Ko-Autorin Frauke Peter. „Jetzt geht es darum, diesen Fokus in konkrete Schritte umzusetzen, zum Beispiel in Form von Qualitäts-Mindeststandards, die in ganz Deutschland gelten.“

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