VFUKS fragt: „Wie halten Sie’s mit den Kitas?“

Handabdrücke

OB-Wahl in Stuttgart: Kandidatinnen und Kandidaten übermitteln Videobotschaften
 
VFUKS-Pressemitteilung vom 2.11.2020  Der Verband freier unabhängiger Kindertagesstätten Stuttgart (VFUKS) befragte Kandidatinnen und Kandidaten für die OB-Wahl 2020 nach ihren Positionen im Bereich frühkindliche Bildung. Der VFUKS stellte fünf Fragen: zur Corona-Pandemie, zu Elternbeiträgen und Kita-Finanzierung, zum Kitaplatz-Ausbau, zur Fachkräftegewinnung sowie zur Weiterentwicklung der Qualität in den Einrichtungen. „In Zeiten von Corona mussten wir uns ein neues Format einfallen lassen, um die Haltung der OB-Kandidaten und Kandidatinnen im Kita-Bereich zu erfahren. Das ist sehr gut gelungen. Wir danken Veronika Kienzle, Martin Körner, Frank Nopper, Hannes Rockenbauch und Marian Schreier für ihre Stellungnahme per Video“, sagt VFUKS-Vorsitzende Waltraud Weegmann.
Alle Videos sind auf der Website des VFUKS, www.vfuks.de, abrufbar. Die wichtigsten Aussagen sind hier zusammengefasst:

Veronika Kienzle:

Kienzle bezeichnet frühkindliche Bildung „als ersten Schritt in die Welt“ mit Potenzial für „Heimatbindung“. Um dieser Bedeutung gerecht zu werden, brauche es in den Kitas gut qualifizierte Mitarbeiter*innen, die Freude an der Arbeit haben. Eine der Voraussetzungen dafür sei eine gute Bezahlung. Diese habe derzeit Vorrang vor kostenlosen Kitas. Beim Schaffen neuer Kitaplätze wie auch beim Gewinnen von Personal sei es die Aufgabe der Stadt, Rahmenbedingungen zu schaffen. Dies müsse im Dialog mit freien Trägern und Initiativen geschehen. Als unterstützende Faktoren bei der Fachkräftegewinnung nennt Kienzle Quereinstiegsprogramme, Anreize wie Personalwohnungen auf bisher eingeschossigen Kitagebäuden oder Sonderleistungen wie ÖPNV-Jobtickets. Ferner sei an der praxisintegrierten vergüteten Ausbildung (PiA) sowie der „Tarif plus“-Großstadtzulage festzuhalten. Auch bei der Qualitätsentwicklung sieht Kienzle Stadt und Träger als Teil eines Ganzen und setzt auf enge, regelmäßige Zusammenarbeit. „Nur gemeinsam wird da ein gutes Programm draus.“
Coronabedingten Kita-Schließungen ist laut Kienzle entgegenzuwirken durch enge und direkte Kommunikation zwischen Kitas und Gesundheitsamt. Ziel sei, „dass die Kinder versorgt und die Erzieher*innen sicher sind.“

Martin Körner:

Gute Betreuung und Bildung erfordere es, so Körner, dass besonders auch die freien Träger besser unterstützt werden. „Ich finde, wir müssen perspektivisch zu 100 Prozent Personalkostenförderung kommen.“ Zu hoher Qualität gehört nach seiner Ansicht nicht nur gutes Personal, sondern auch die Vielfalt pädagogischer Konzepte und deren Weiterentwicklung. „Gerade auch die Konzepte von freien Trägern, die vielleicht etwas andere Wege gehen.“ Eine der Hauptaufgaben in den nächsten Jahren sieht Körner darin, mehr Menschen für den Erzieher*innenberuf zu gewinnen, sie zu halten und als Stadt für sie attraktiv zu sein. „In diesem Zusammenhang spielt auch das Thema ‚bezahlbarer Wohnraum‘ eine entscheidende Rolle,“ so Körner.
Im Umgang mit der Corona-Pandemie schlägt Körner vor, Kitagruppen voneinander getrennt zu betreuen und zu diesem Zweck auch Räumlichkeiten außerhalb bestehender Kitas zu nutzen. Zudem sollten dem Personal kostenlose Corona-Tests zur Verfügung stehen.

Frank Nopper:

Kitaqualität sieht Nopper in engem Zusammenhang mit Faktoren wie Betreuungsschlüssel, Fachkräfte-Fortbildung und Leitungsfreistellung. Ziel sei ein ständiges Steigern der Qualität, allerdings „unter größtmöglicher Schonung der Eltern.“ Er plädiert für gleiche Elternbeiträge in städtischen Einrichtungen und solchen in freier Trägerschaft. Angesichts tausender fehlender Kitaplätze in Stuttgart habe es absoluten Vorrang, zusätzliche Plätze zu schaffen. „Jedes Kind soll auch tatsächlich einen Kitaplatz erhalten.“ Dem Fachkräftemangel will Nopper entgegenwirken durch das Verstärken von PiA und Seiteneinstieg. Um pädagogische Fachkräfte zu entlasten, empfiehlt er den Einsatz von hauswirtschaftlichem Personal in den Einrichtungen sowie von mehr Tagesmüttern und -vätern. Durch Qualitätsmonitoring und regelmäßige Elternumfragen möchte Nopper die Kitaqualität weiterentwickeln. Als Maßnahmen nennt er beispielhaft die Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte entlang dem frühkindlichen Orientierungsplan sowie intensivierte Sprachförderung für die Kinder – „und dass wir einen ständigen, regelmäßigen Austausch pflegen zwischen den freien Trägern und der städtischen Jugendhilfe.“
Auch während der Corona-Pandemie sollten, so Nopper, Kitas und Schulen offenbleiben. Hierzu sei der Einsatz von Luftreinhaltefiltern ernsthaft zu prüfen.

Hannes Rockenbauch:

Rockenbauch vertritt den Standpunkt, dass frühkindliche Bildung für die Familien kostenlos sein sollte, vollumfänglich von der Stadt finanziert. Auch will er die freien Träger entlasten, indem die Stadt deren Kosten unter bestimmten Voraussetzungen zu 100 Prozent übernimmt. Rockenbauch will ferner erreichen, dass Fachkräfte den Rücken frei bekommen für ihre Kernaufgabe, die Arbeit am Kind. Deshalb tritt er dafür ein, sie seitens der Stadt auch personell bei nicht-pädagogischen Tätigkeiten zu unterstützen, beispielsweise in Hauswirtschaft, Qualitätsmanagement und Hygienefragen. Zusätzliche Fachkräfte will Rockenbauch mit besserer Bezahlung gewinnen, zum Beispiel mit einer Stuttgart-Zulage, auch für die Beschäftigten bei freien Trägern. Nur wenn genügend Personal zur Verfügung stehe, entstünden Freiräume zum Reflektieren, Diskutieren und Ausprobieren – und damit für die Weiterentwicklung von Qualität und Vielfalt. „Bei der Qualitätsentwicklung ist mir wichtig, dass wir die Kinder mit einbeziehen“, betont Rockenbauch.
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie schließt Rockenbauch nicht aus, dass das Land Kitaschließungen verordnen wird. In diesem Fall hält er es für die Pflicht der Gesamtgesellschaft, es Eltern zu ermöglichen, ohne Lohnverlust bei ihren Kindern zu Hause zu bleiben.

Marian Schreier:

Bei den Ausgaben für die Mitarbeiter*innen in freien und kirchlichen Kitas sieht Schreier die Stadt in der Verantwortung: „Sie sollte im ersten Schritt 100 Prozent der Personalkosten übernehmen.“ Er nennt drei Wege zur Fachkräftegewinnung: 1. das Fortführen der Stuttgarter „Tarif plus“-Großstadtzulage für Erzieher*innen, 2. das Entlasten des pädagogischen Personals von fachfremden Aufgaben, beispielsweise durch Hauswirtschaftskräfte, 3. mehr Ausbildung durch das Nutzen neuer Formen wie PiA. Den weiteren Kitaausbau will Schreier gemeinsam mit freien und kirchlichen Trägern planen, um die Vielfalt der Angebote zu erhalten. Qualitätssicherung bezeichnet er als Herzensanliegen und will auch hieran „mit der gesamten Trägerlandschaft arbeiten und eigene Stuttgart-Standards entwickeln.“
Pauschale Kita-Schließungen aufgrund von Covid-19 sind laut Schreier nach den für viele Familien sehr belastenden Erfahrungen des Frühjahrs zu vermeiden. Er plädiert für ein differenzierteres Vorgehen der Landespolitik und dafür, dass die Stadt in Kitas und Schulen Luftreiniger einsetzt.
 
Alle Videos stehen zur Verfügung unter: https://www.facebook.com/vfukstuttgart oder www.vfuks.de/ob-wahl-2020/

Photo by Bernard Hermant on Unsplash