„Wo Menschen zu Hause sind“

Moritz Bächle, Erzieher in der educcare Bildungskindertagesstätte in Stuttgart-Zuffenhausen, griff ein aktuelles Thema auf: Durch den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland wächst die Vielfalt in unserem Land. Gemeinsam mit Kita-Kindern und Eltern startete der Pädagoge ein „Vielfalts-Projekt“ und begab sich auf „Forschungsreise“.

„Wir beschäftigten uns mit der Frage, was Menschen so alles mitbringen und woher sie das bekommen haben“, berichtete der Erzieher interessierten Gästen während einer Veranstaltung im Rahmen der Woche der freien Träger 2017. „Wir haben mit uns selbst angefangen. Ein Blick in den Spiegel zeigte: Wir sind alle unterschiedlich. Unsere Gesichtszüge, unsere Haut-, Haar- und Augenfarben unterscheiden sich.“ Genaues Messen und Wiegen offenbarte außerdem Differenzen in Größe und Gewicht.

Kultur ist, was wir von Zuhause mitbekommen

Beim betrachten der Fotos ihrer Eltern, die in der Kita aufgehängt sind, fiel den Kindern auf, dass sie viele Merkmale von ihren Eltern „bekommen“ haben. Kinder übernehmen aber noch viel mehr von ihren Müttern und Vätern als nur die Augen- oder Haarfarbe, überlegten sie weiter und dachten dabei zum Beispiel an die Sprache, an Vorlieben für bestimmte Speisen oder an typische Geschichten und Lieder. „Erwachsene nennen das Kultur“, erklärte Moritz Bächle.

Länderwochen geben Einblicke in fremde Kulturen

Das Projekt entwickelte sich durch die Ideen der Kinder und die Impulse der Eltern immer weiter. In Kinderrunden und Elternabenden kamen tolle Aktionsideen zusammen. „Wir setzten schließlich Länderwochen um. Zum Beispiel fanden eine italienische, eine französische und eine marokkanische Woche statt“, berichtete der Erzieher. „Für diese Wochen bastelten wir jeweils eine große Landesfahne, die unser Foyer schmückte. Wir begrüßten uns morgens in der Landessprache und kochten typisches Essen. Zum Beispiel stellten wir Spagetti selbst her. In der marokkanisch Woche befassten wir uns mit dem Ramadan, dem Fastenmonat der Musliminnen und Muslime.“ Die Eltern hätten das Projekt hervorragend unterstützt, indem sie Dinge aus ihrer Heimat mitbrachten, den Kindern vorlasen oder mit ihnen kochten. „Mehrere Besuche im Lindenmuseum und dessen völkerkundlicher Ausstellung gaben uns zusätzliche Impulse“, erzählte Moritz Bächle.

Was bedeutet Heimat?

„Jetzt weiten wir das Projekt auf die Fragestellung aus, was eigentlich Heimat ist“, erklärte er. Gerade erkundet die Kindergruppe dafür ihren Stadtteil, Stuttgart-Zuffenhausen, und macht Fotos der Häuser, in denen die Mädchen und Jungen leben.

Spannend, wie ein Vielfalts-Projekt für und mit Kindern auch für Erwachsene ganz neue Zugänge zu diesem kontrovers diskutierten Thema eröffnen kann – indem es beim eigenen Erleben ansetzt, Neugier weckt, Wissen zugänglich macht und Gemeinschaft herstellt.

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