Hochsensible Kinder

Junge hält Bilderrahmen

18. Juli 2017 / Comments (0)

Allgemein News

Hochsensibilität? Was ist das denn? Der in den 1990er Jahren von der Amerikanerin Elaine Aron geprägte Begriff lenkt die Aufmerksamkeit auf Menschen, die Reize weniger stark filtern als andere. Sie nehmen daher sehr viel mehr Informationen auf. Diese Gabe macht sie oft besonders innovativ, kreativ und „hellsichtig“. Sie geht aber auch mit besonderen Bedürfnissen einher, die bislang häufig übergangen werden.

Viele Menschen fühlen sich „anders“. Sie können einem modernen, geselligen, lauten, hektischen Lebensstil wenig abgewinnen, weil Umweltreize mit ungewöhnlicher Intensität auf sie einströmen. Für diese Menschen war eine Publikation der kalifornischen Psychologin Elaine Aron 1996 eine Wohltat. Sie gab ihrem Anderssein einen Namen: Hochsensibilität.

Hochleistungen im Gehirn

Schätzungen der Amerikanerin zufolge sind 20 Prozent der Menschen hochsensibel. Das bedeutet: Mit großer Wahrscheinlichkeit gibt es in jeder Kita-Gruppe Kinder, deren Gehirn Umgebungsreize weniger stark filtert. So müssen sie mit sehr viel mehr Informationen umgehen, als eine Person mit durchschnittlicher Sensibilität. Sie sind daher in der Regel schnell überfordert, ermüden leicht und benötigten eigentlich Pausen in einer reizarmen Umgebung, die sie aber oft vergeblich suchen. Manche Kinder reagieren mit Rückzug auf die Herausforderung. Andere fallen durch aggressives Verhalten auf. Hochsensibilität wird daher teilweise fälschlich als AD(H)S oder auch als Autismus diagnostiziert.

Eine besondere Gabe

Auch wenn Hochsensibilität mit unserem aktuellen Lebensstil oft schlecht zusammenpasst: Sie ist eine besondere Gabe. Hochsensible nehmen Zwischentöne und Stimmungen ungewöhnlich feinfühlig war, durchdenken Themen sehr tiefgründig und stellen oft neue Zusammenhänge her. Sie sind häufig besonders kreativ und musisch veranlagt und denken eher in Bildern.

Betroffene leiden unter Anpassungsdruck

Hochsensibilität sei kein grundsätzlich neues Phänomen, sagt Elaine Aron. Hochsensible Kinder galten bislang einfach als besonders schüchtern, gehemmt, introvertiert oder empfindlich. In diesen Beschreibungen schwingt jedoch eine Kritik mit, unter der Hochsensible leiden. Vielfach lastet ein Anpassungsdruck auf ihnen, dem sie nicht gerecht werden können. Aussprüche wie „Sei doch nicht so empfindlich“ oder „Immer bist du so dünnhäutig“ vermitteln ihnen das Gefühl, „nicht richtig“ zu sein.

Kita-Alltag überfordert oft

Auch der Alltag in Kindertageseinrichtungen ist in der Regel nicht auf hochsensible Kinder abgestimmt: „Das gängige Kinderbetreuungskonzept läuft Hochsensiblen oft zuwider, denn dort herrscht der Druck des Miteinander – Rückzug ausgeschlossen! Vom Essen übers Zähneputzen bis zum Mittagsschlaf machen die Kinder alles gemeinsam, was für Hochsensible schrecklich sein kann. Oft liefert auch die Gestaltung der Innenräume mit Fensterbildern, Spielecken, bunten Möbeln und Wühlkisten ein Zuviel an Sinnesreizen für Hochsensible“, kritisiert Jutta Böttcher in einem Interview mit dem Portal eltern.de. Jutta Böttcher ist Gründerin eines Kompetenzzentrums für Hochsensibilität, „Aurum Cordis“, in Buxtehude bei Hamburg. Auf der Website der Initiative gibt es viele grundsätzliche Informationen über Hochsensibilität und einen Fragebogen, der helfen kann, einzuschätzen, ob ein Kind eventuell hochsensibel ist.

Rituale, Reizreduktion und Rückzugsmöglichkeiten

Fachleute empfehlen, für hochsensible Kinder einen Kita-Alltag zu gestalten, der verlässliche Routinen und Rituale, reizreduzierte Innenräume und ausreichend Rückzugszeiten und -orten bietet.

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