VFUKS-Veranstaltung mit Bürgermeisterin Isabel Fezer
Isabel Fezer, Stuttgarts Sozialbürgermeisterin, sprach bei einer exklusiven VFUKS-Veranstaltung im Galileo Bildungshaus am 1. März 2023 über die neuesten Entwicklungen im Bereich der Kindertagesstätten in Stuttgart.
Kinder- und Familienzentren
Frau Fezer startete mit einem Bericht zu den neuesten Entwicklungen im Bereich der Kindertagesstätten. Hier verwies sie auf „Kitas der Zukunft“, ein Projekt des Städtetags.
Frau Fezer warb für Kinder- und Familienzentren als wichtigen Ansatz zur Qualitätssicherung sowie als gute Möglichkeit die Eltern besser miteinzubeziehen und ihrer Verantwortung gegenüber den eigenen Kindern nachzukommen. Kinder- und Familienzentren können Eltern von Anfang an bei der Entwicklung des Kindes mitnehmen, damit diese auch später in der Schule gut ankommen. Außerdem sollen so Kinder und Familien mit einem besonderen Bedarf an Förderung besser erreicht werden.
Inklusion
Für eine bessere Einbindung von Inklusions-Kindern wurde das Konzept „Kita für alle“ auf den Weg gebracht. Hierbei solle Inklusion in Kitas unterstützt werden, wozu beispielsweise auch die Erarbeitung einer Prozess- sowie Qualitätsbegleitung gehöre. Dadurch sollen Kitas während des Inklusions-Prozesses begleitet und unterstützt werden. Leitlinie für eine verbesserte Inklusionsstrategie stelle das Konzept „Kita für alle“ dar. Diese Leitlinie enthalte Maßnahmen zur Qualitätssicherung- und –entwicklung, so Fezer. Bei der Erarbeitung dieser Linie wurde ämterübergreifend gearbeitet, so war beispielsweise auch das Gesundheitsamt unterstützend beteiligt.
Statistische Versorgung mit Kitaplätzen
Der Versorgungsgrad in Stuttgart betrage 57 Prozent, bei Kleinkindern aktuell 51,2 Prozent. Bei den drei bis sechsjährigen könne der Bedarf um 98,9 Prozent gedeckt werden. Allerdings können nicht immer alle beschlossenen Kita-Plätze umgesetzt werden, bedauert Fezer. Das Problem: Die Deckung ist lokal unterschiedlich und trotz der 98,9 Prozent bestehe immer noch eine hohe Nachfrage – circa 2.000 Kinder seien derzeit ohne Kita-Platz. Allerdings weist Fezer auch darauf hin, dass Stuttgart eine Besonderheit darstelle: die Stadt habe früh mit dem Ausbau von Ganztagesplätzen begonnen, weshalb so eine gute Deckung überhaupt erst möglich sei.
Fachkräftemangel
Das Problem: Fachkräftemangel und der Mangel an Kitaplätzen bedingen sich gegenseitig. „Früher gab es keine Kitaplätze, heute gibt es keine Fachkräfte und damit auch keine Kitaplätze“, so Fezer. Allerdings weist sie auch auf die positive Fachkräfte-Entwicklung hin: Seit 2006 könne Stuttgart einen Fachkräfteanstieg um 88,1 Prozent verzeichnen. Dieser Anstieg reiche allerdings nicht, da parallel auch der Bedarf an Plätzen gestiegen sei.
Was kann also gegen den Fachkräftemangel und für eine Erhöhung der Kita-Plätze getan werden?
In Stuttgart wurde die Erhöhung der Gruppengröße ermöglicht. Diese Maßnahme ermögliche es, laut Fezer, den Trägern, die Kitagruppen um ein bis zwei Kinder zu vergrößern. Fezer betont hier allerdings auch, dass es bei dieser Maßnahme wichtig sei, den Trägern klar zu signalisieren, dass es sich hierbei um eine freiwillige Maßnahme handle. Außerdem wurde finanzielle Mittel der Stadt zur Verfügung gestellt (5.500 € pro zusätzlichem Kind).
Dass dies nur eine kurzfristige Maßnahme für das Platz-Problem darstelle, ist sich die Bürgermeisterin bewusst. Sie betont, dass damit das Problem des Fachkräftemangels nicht behoben sei und weiter an Lösungsansätzen gearbeitet werde.
Hierfür möchte Fezer an das Land Baden-Württemberg sowie an den KVJS für mehr Flexibilität appellieren. „Ich möchte beim Land dafür werben, dass wir raus aus diesem Normengerüst müssen, das uns fesselt“, so Fezer. Kita der Zukunft gehe nur mit der Behebung des Fachkräftemangels, hierfür müsse sich auch die Frage gestellt werden, wie die Kita der Zukunft auch für Mitarbeitende attraktiver werden kann.
Finanzierung
Fezer betonte hier die aktuell gute Förderfinanzierung, weist aber auch darauf hin, dass sie aktuell mit dem Leiter des Finanzreferats im Gespräch sei, um zu klären, wie die Förderung aufgestockt werden könne – gerade in Bezug auf die Corona-Zeit und die aktuelle Inflation. Der Vorschlag für die Kompensation der gestiegenen Kosten soll demnächst im Nachtrags-Haushalt zu finden sein.
Diskussion
In der Diskussion finden anschießend noch weitere Themen Gehör. So weist Waltraud Weegmann, Vorsitzende des VFUKS darauf hin, dass ein Direkt- sowie Quereinstieg im Kita-Bereich noch mehr forciert werden müsse. Sie wirbt dafür, von dem bisher geltenden Fachkräfte-Schlüssel zu einem Personalschlüssel zu wechseln.
Auch das Thema der Anerkennung ausländischer Fachkräfte wurde während der Diskussion angesprochen. Hier wurden die langen bürokratischen Wege kritisiert.
Ein wichtiges Thema, das während der Diskussion aufkam, war außerdem die allgemeine Anerkennung des Erzieher*innen-Berufs innerhalb der Gesellschaft. Bürgermeisterin Fezer wies darauf hin, dass von Seiten der Stadt in den letzten Jahren viel getan wurde, um die (finanzielle) Wertschätzung des Berufs auszudrücken. Positiv wurde, auch von den Mitgliedern, die Entwicklung der Vergütung hervorgeheben. Allerdings waren sich hier alle einig, dass die Attraktivität des Berufes besser präsentiert werden müsse: Erzieher*innen verdienen gut, was allerdings noch nicht in den Köpfen der Bevölkerung verankert sei.
Das Problem hierbei: die Ungerechtigkeit für Akademiker*innen, die gleich viel wie das Personal mit einer Ausbildung verdienen. Ein Vorschlag, der sich aus der Diskussion ergab, war, das Gehalt an die Funktion des Jobs zu knüpfen und nicht nur an den Abschluss. Damit könne gewährleistet werden, dass beispielsweise eine Zulage für bestimmte Aufgaben gewährleistet werde, um so Akademiker*innen besser an den Job binden zu können.