Wie geht es weiter mit der Kinderbetreuung in Stuttgart?

Vor der Kommunalwahl: VFUKS – Verband freier unabhängiger Kindertagesstätten Stuttgart befragt Parteien

VFUKS-Pressemitteilung vom 20. Mai 2019:

Großbaustelle Kindertagesbetreuung: Noch immer fehlen in Stuttgart rein rechnerisch 1.400 Betreuungsplätze für Kleinkinder. Faktisch klafft eine noch deutlich größere Lücke, denn so manche Einrichtung steht teilweise leer, weil Fachkräfte fehlen. Vor der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 fragte der VFUKS – Verband freier unabhängiger Kindertagesstätten Stuttgart die Parteien zu ihren Plänen für Finanzierung, Platzausbau, Fachkräftegewinnung und Kita-Qualitätsentwicklung. „Der VFUKS bedankt sich bei den Fraktionen des Stuttgarter Gemeinderates für die Bearbeitung des umfangreichen Fragenkatalogs. Somit erhalten die Wähler*innen eine gute Entscheidungshilfe“, sagt die Verbandsvorsitzende Waltraud Weegmann.

Freie Träger fordern gerechte Finanzierung

Während die Stadt eigene Kitas zu 100 Prozent finanziert, müssen freie Träger mit einer geringeren Bezuschussung zurechtkommen. Jüngst kamen die Fraktionen im Gemeinderat einer Forderung der freien Träger nach und stellten einen Antrag auf Erhöhung der Personalkostenförderung von 90 auf 92,5 Prozent, die rückwirkend ab Anfang 2019 gelten soll. Ab 2020 fordern die freien Kita-Träger eine 100-Prozent-Förderung. Wie stehen die Parteien dazu?

Die CDU merkt an, dass die Materie umstritten sei und einer intensiven Debatte bedürfe. Außerdem sollten die freien Träger bedenken, dass eine 100-Prozent-Förderung der Fachpersonalstellen mit einem Verlaust an Autonomie einhergehe, da alle Kosten offenzulegen seien.
Die Grünen verhandeln die Forderung gerne, möchten sich aber noch nicht auf einen Prozentwert festlegen, da dies im Kontext des Gesamthaushalts zu betrachten sei.
Die SPD hält es für richtig, die Förderung weiter zu erhöhen. Dass es direkt eine 100-Prozent-Förderung geben wird, hält sie jedoch für unrealistisch.
Die SÖS schreibt, dass sie der Förderung zustimme.
Die Freien Wähler fänden es schön, wenn dieser Schritt gelingen würde, kennen jedoch die mühsamen Verhandlungen während der Haushaltsplanberatungen.
Die Forderung sei im Rahmen der Haushaltsberatungen zu diskutieren, heißt es von der FPD.

Kitaplatzausbau: Was sagen die Parteien?

Der bedarfsgerechte Ausbau der Kinderbetreuung in Stuttgart habe hohe Priorität. Das sagen alle Parteien.

Die CDU möchte den Ausbau durch mehr Finanzmittel und einen kontinuierlichen Dialog mit den Trägern fördern.
Die Grünen setzen ebenfalls auf ausreichende Haushaltsmittel und betonen darüber hinaus, dass es zusätzliche Stellen in der Verwaltung (auch bei Planung und Bauverwaltung) geben müsse, um den Ausbau zügig voranzutreiben.
Ähnlich argumentiert die FDP, die erklärt, dass ausreichend Geld zur Verfügung stehe, es aber aufgrund mangelnder Planungskapazitäten in den Ämtern zu Verzögerungen käme.
Die SÖS schlägt vor, eine Wende in der Wohnungsbaupolitik einzuleiten. Die Stadt müsse selber bezahlbaren Wohnraum schaffen und gleichzeitig den Bau von Kitas vorsehen.
Die Freien Wähler planen, Trägern Beihilfen für den Bau von Kitas zu gewähren.
Die SPD möchte Trägern bei der Raumsuche für neue Einrichtungen helfen.

Vielfalt der Träger und Angebote stärken

Durch Träger-Vielfalt Eltern ein bedarfsgerechtes Angebot zu bieten, ist besonders CDU, den Grünen, den Freien Wählern und der FDP wichtig. SPD und SÖS betonen die Flexibilität der Angebote. Ihnen liegen verlängerte Öffnungszeiten, die über eine reguläre Ganztagsbetreuung hinausgehen, am Herzen. Die Freien Wähler fordern mehr Offenheit und Mut von der Verwaltung, damit Träger neue Konzepte erproben können.

Was hilft gegen den Kita-Fachkräftemangel?

In Stuttgart fehlen rund 1.000 Erzieherinnen und Erzieher. Das bremst den Betreuungsplatz-Ausbau. Wie möchten die Parteien Kita-Träger bei der Fachkraft-Suche unterstützen?

Um die Fachkraftlücke zu schließen, setzt die CDU auf mehr Ausbildung und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten für Interessierte, die gerne in das Berufsfeld der Kindertagesbetreuung wechseln möchten.
Die Grünen betonen, dass sie durch eine Tarifzulage für Erzieherinnen und Erzieher sowie durch eine Ausbildungsoffensive für die Praxisintegrierte Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieher*in (PiA) bereits viel geleistet hätten. Um weiter voranzukommen, möchten sie eine Arbeitsgruppe aus Fachverwaltung, freien Trägern, kommunalen Landesverbänden und dem Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS) einrichten. Sie soll neue, unkonventionelle Ideen entwickeln, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Die SPD möchte unter anderem Stuttgart mit dauerhaften Tarifzulagen und günstigen Wohnungen für pädagogische Fachkräfte attraktiver und bezahlbarer machen. Außerdem soll eine Werbekampagne die vielen teilzeitbeschäftigten Erzieherinnen und Erzieher dazu animieren, ihre Arbeitszeiten aufzustocken. Pädagogische Fachkräfte nach Familienphasen vermehrt für den beruflichen Wiedereinstieg zu gewinnen sowie qualifizierte Kräfte aus dem Ausland anzuwerben, sind weitere Ideen.
Die Partei SÖS plant, Ausbildungsinteressierte und Fachkräfte nach Stuttgart zu holen. Anreize sollen bezahlbarer Wohnraum in städtischen oder trägereigenen Wohnungen, Hilfe bei der Wohnungssuche, kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, garantierte Kinderbetreuung und eine dauerhafte Tarifzulage sein.
Die Freien Wähler befürworten eine Werbekampagne der Stadt für den Erzieherinnen- und Erzieherberuf.
Die FDP will das Ausbildungsplatz-Angebot in der praxisintegrierten Ausbildung vergrößern, damit alle geeigneten Interessentinnen und Interessenten in die Ausbildung starten können. Außerdem setzt die Partei auf verbesserte Einstiegsmöglichkeiten für Wechselwillige aus anderen Berufsfeldern.

Kita-Qualität: Wie geht es weiter?

Der VFUKS fragte die Gemeinderatsfraktionen außerdem nach den Möglichkeiten der Stadt, Kita-Träger bei ihrer Qualitätsentwicklung zu unterstützen.

Die Grünen schlagen vor, die fachliche Begleitung der Einrichtungen (Leitung und Fachberatung) zu stärken sowie Fort- und Weiterbildung zu forcieren. Außerdem sollten sich die Einrichtungen künftig einer fachlichen Beobachtung (Monitoring) und einer Bewertung (Evaluation) stellen. Die Stadt müsse dafür personelle und fachliche Ressourcen vorhalten.
Auch die SPD befürwortet eine externe Qualitätskontrolle. Die Einrichtungen erhielten dann einen „Qualipass“, der alle zwei Jahre überprüft werde. Ein Bonussystem könne zudem dazu beitragen, Fachkräfte zur Fort- und Weiterbildung zu animieren. Innovationswettbewerbe seien geeignet, die Weiterentwicklung in der Frühpädagogik zu fördern.
Die SÖS regt ein stärkeres Engagement der Stadt an, um Beschäftigten kleiner Träger kostengünstige Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung zu eröffnen.

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